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Ernest C. Pirkl
 
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Insolvenzrecht: Die Möglichkeit zum „fresh start“

Verbraucherinsolvenzverfahren und Kleinverfahren:

Diese gerichtlichen Verfahren zur Entschuldung privater Haushalte und von Kleinunternehmern mit Hilfe der Restschuldbefreiung haben sich bei knapp über 100.000 pro Jahr eingependelt. Das Verfahren liegt im Interesse aller Beteiligten: für den Schuldner ist wieder ein Neuanfang möglich („fresh start“ so nach US-amerikanischer Auffassung der Sinn des Insolvenzverfahrens und der Restschuldbefreiung). Aber auch die Gläubiger haben langfristig mehr davon, wenn die Schuldner am Erwerbsleben wieder vollwertig teilnehmen und neue Verbindlichkeiten ganz erfüllen können. Wünschenswert wäre eine größere Mitwirkung vor allem der Großgläubiger, z.B. Banken, Versicherungen oder Leasingunternehmen, bei der Aufklärung über die Möglichkeiten der Insolvenzordnung (Sanierung und Restschuldbefreiung).

Leider ist festzustellen, dass sich immer noch das Gerücht hält, Private oder Kleinunternehmer könnten kein Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung anstrengen. Hier wird Unkenntnis aufrechterhalten mit der kurzatmigen Erwartung von Zahlungen der Schuldner. Erfolgversprechender wäre es, wenn sich in Gläubigerkreisen die Erkenntnis durchsetzt, dass ein Neuanfang des Schuldners auch für die Gläubiger in der Zukunft lukrativer ist, als uneinbringlichen Forderungen jahrelang hinterherzulaufen. Dies verursacht nur weitere Kosten, mit deren Bezahlung die Gläubiger nicht rechnen können.

Für die hohe Zahl überschuldeter Privathaushalte und Kleinunternehmer in Deutschland ist darauf hinzuweisen, dass die Gläubiger wegen falscher Angaben der Schuldner im Insolvenzverfahren zunehmend Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung stellen. Kooperation empfiehlt sich daher für alle Beteiligten.

Bei vielen V
erfahren ist nach § 305 Insolvenzordnung die Durchführung eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuchs Voraussetzung für einen zulässigen Antrag auf Restschuldbefreiung. Ob dies bei Ihnen auch der Fall ist, sagt Ihnen der Fachanwalt.

Unternehmensinsolvenzen:

Seit Ende der Finanzkrise ist ein Rückgang zu verzeichnen. Die Unternehmensinsolvenzen bewegen sich aber weiterhin bei rund 30.000 pro Jahr. Im Umfeld der Insolvenzeröffnung ist festzustellen, dass die Kooperation des Managements mit Insolvenzgericht und Insolvenzverwalter oft zu wünschen übrig lässt, so dass es zu Betriebsstilllegungen kommt. Diese wären vermeidbar. Sanierung und Fortführung, wie sie das grundsätzliche Ziel der Insolvenzordnung sind, wären oft möglich, wenn alle Seiten vertrauensvoll zusammenarbeiten würden. Nach der Rechtsprechung ist ein offenes Zusammenwirken von Insolvenzgericht, Insolvenzverwaltung, Geschäftsführung und Steuer- oder Wirtschaftsberatern erforderlich, um ein Unternehmen auch in der Insolvenz zu erhalten. Hier könnten mehr Arbeitsplätze gerettet werden (die Erhaltung der Arbeitsplätze ist übrigens nach Vorstellung des französischen Gesetzgebers der Hauptzweck des Insolvenzverfahrens). Die Insolvenzordnung stellt für die Fortführung eines Unternehmens zahlreiche Instrumente bereit: neben der übertragenden Sanierung, dem klassischen Instrument, vor allem den Insolvenzplan. Der Insolvenzplan soll die Fortführung des alten Unternehmens ohne dessen Liquidation ermöglichen. Das Insolvenzplanverfahren ist nach wie vor weitgehend unbekannt. In diesem Bereich liegen noch viele Chancen, die es zu nutzen gilt. Durch das sog. ESVG wurden Ende 2011 diese Möglichkeiten erweitert: nun ist auch ein Tausch von Gläubigerforderungen gegen Anteile am neuen Unternehmen möglich (dept-eqity-swap).

Beratung:

Im Vorfeld der Unternehmensinsolvenz kann eine frühe Rechtsberatung strafrechtliche und haftungsrechtliche Risiken für das Management, die in den letzten Jahren zugenommen haben, ausschalten. Es sind insbesondere die persönliche Haftung der Geschäftsführer für rückständige Sozialversicherungsbeiträge oder Steuern zu erwähnen; aber auch eine Haftung gegenüber den Gläubigern ist denkbar. (§ 64 GmbH-Gesetz und § 15a InsO)

Fazit:

Für überschuldete private Haushalte, für Kleinunternehmer und Einzelkaufleute, aber auch für größere Unternehmen mit Liquiditätsengpässen lohnt sich eine frühe Beratung zur Insolvenzordnung und benachbarten Gesetzen. Hier können sich neue Perspektiven auftun.


Ernest Pirkl